Flexible Lösung für bequemen Einkauf
Viele Kunden wollen immer öfter unabhängig von Öffnungszeiten versorgt werden. Eine Lösung sind kassenlose, automatisierte oder auch Automaten-Shops. Weltweit werden sie getestet. Auch in Deutschland. Die Angebote heißen „Herr Anton“ oder „Foodie’s“.
Die Zeit ist reif: Verschiedene Hersteller und Händler haben in Deutschland begonnen, so genannte kassenlose und unbemannte Shops an den Start zu bringen und zu testen. Damit folgen sie einem internationalen Trend. Beispielsweise in der Schweiz haben Valora oder auch Migros solche Formate als Pilotstores eröffnet. In den Niederlanden ist es der Lebensmittelhändler Albert Heijn, der einen kassenlosen Shop in seiner Zentrale ausprobiert. Im Sommer eröffnete das französische Startup Storelift seinen ersten automatisierten Shop in Paris. Und auch in Russland tut sich etwas: Die russische Supermarktkette Azbuka Vkusa testet seit kurzem gemeinsam mit Visa ein kassenloses Geschäft. Und im Oktober eröffnete die C-Store-Kette Pyaterochka einen kassenlosen Test-Shop in einer Wohnanalage in Moskau. Auch in Asien, oft Vorreiter im Convenience-Markt, wirkt der Trend. Im Januar startete in Seoul ein kassenloser Laden, von der südkoreanischen Convenience-Store-Kette GS Retail Co unter der Marke GS25 betrieben. Und in Japan stelle C-Store Betreiber Lawson seine Variante eines kassenlose Testgeschäfts vor.
„Wir gehen davon aus, im Großraum Frankfurt in den nächsten Monaten weitere Micro-Markets zu installieren“
MICHAEL KIEPPE, GESCHÄFTSFÜHRER SELECTA
In den USA ist Amazon mit von der Partie. Dort hat der zweite kassenlose Amazon Go-Grocery Store seine Pforten geöffnet. Und auch die Wettbewerber ziehen mit: Giant Eagle führte den kassenlosen Einkauf in seinem Get-Go Cafe + Market Store in Pittsburgh ein. Und in einem Luxus-Komplex im kalifornischen Santa Ana hat Aramark ebenfalls einen kassenlosen Convenience-Store eröffnet.
Micro-Markets in den USA
Ob es sich nun um einen Hightech-C-Store mit Zugangskontrolle und elektronischen Bezahltool handelt, oder um einen Automaten-Shop, die USA nehmen auch bei solchen Micro- oder Mini-Markets eine Vorreiterrolle ein. Branchenkenner sprechen davon, dass es in den Staaten bereits über 30.000 von ihnen gibt – mit stark steigender Tendenz. Auch der deutscher Vendingverband BDV schätzte, dass es bis Ende 2020 hier zu Lande 1.000 Micro-Markets geben werde – vor allem als Inhouse C-Store zur Ergänzung der Kantine. Aber auch als Dorfladen, der die ländliche Nahversorgung sicherstellen kann, haben diese Formate eine Chance. Ob es in diesem Jahr wirklich 1.000 Standorte in Deutschland geben wird, muss offen bleiben. Zu beobachten ist aber, dass einige Player solche Micro-Markets testen. Es sei genau die richtige Zeit für solche Shop-Formate, sagt Michael Kieppe, neuer Geschäftsführer von Selecta in Deutschland und Österreich. Er verweist auf das eigene Konzept Foodie’s Micro Market. „In unserer neuen Zentrale in Kelsterbach bei Frankfurt entsteht in diesen Tagen unser Showroom, in dem wir auch einen Foodie’s installieren werden“, so Kieppe. Zudem sei man derzeit mit einigen Interessenten im Frankfurter Raum in Kontakt: „Wir gehen davon aus, im Großraum Frankfurt in den nächsten Monaten weitere Micro-Markets zu installieren“ lässt er sich zitieren. Mit dabei ist auch Tegut. Wie Convenience Shop berichtete, eröffnet der Händler Ende Oktober in der Fuldaer Innenstadt eine Kleinfläche, ohne Personal mit bargeldloser und kontaktloser Bezahlung. Einen 40 Quadratmeter großen Prototyp gibt es bereits in der Firmenzentrale. Ab Herbst ist dann ein Rollout geplant. Getestet wird auch von Bünting: Das Format Combi 24/7 steht in der Oldenburger Innenstadt: Der Redaktion von Convenience Shop sagte das Unternehmen, dass der Store „auch als Dorfladen in Form einer Standalone-Lösung“ funktioniere. Weitere Standorte seien durchaus denkbar.
„Wir sind natürlich sehr daran interessiert, Partner zu finden, die ,Herr Anton‘-Shops deutschlandweit betreiben wollen.“
DIRK HENSING, GESCHÄFTSFÜHRER HENSING GMBH
Start von „Herr Anton“
Auf das Thema Nahversorgung setzt auch der Automaten-Hersteller Hensing. Unter dem Markennamen „Herr Anton“ hat das Unternehmen einen Shop entwickelt, der beispielsweise für kleine Ortschaften konzipiert ist. Der Automaten-Shop ist eine Eigenentwicklung von Hensing, der Markenname geschützt. „Auch bedient ,Herr Anton‘ die steigende Nachfrage nach flexiblem Einkauf“, betont Geschäftsführer Dirk Hensing gegenüber unserem Magazin. Das Format biete Food- und Nonfood-Produkte des täglichen Bedarfs unabhängig von Öffnungszeiten an. Hensing ist auch der Betreiber des Pilotshops in Emsdetten sowie eines weiteren Standorts in der Nähe des Firmensitzes: an einer Total Tankstelle wo es zwei Verkaufsautomaten gibt. Der Betreiber kooperiert mit Herstellern aus der Umgebung, einem Milchhof, Hofläden und lokalen Bauern, um frische Produkte aus der Region zu bieten. „Wir sind natürlich sehr daran interessiert, Partner zu finden, die ,Herr Anton‘-Shops deutschlandweit betreiben wollen,“ betont Hensing. Es sei möglich, einen Shop zu kaufen, ihn selbstständig zu betreiben und mit eigener Ware zu bestücken. Alternativ könne im Rahmen eines Franchise-Systems ein Automaten-Shop bezogen werden, um ihn dann mit Produkten von Hensing zu befüllen. Möchte ein Betreiber die Ware direkt über den Franchisegeber beziehen, bietet das Unternehmen auch das. Als Standorte für „Herr Anton“ seinen viele Varianten denkbar: etwa kleinere Ortschaften, Tankstellen oder Supermärkte. „Gerade Tankstellen verfügen auch über genügend Parkplätze“, macht der Geschäftsführer deutlich. Derzeit in Planung sind wohl drei weitere Shops ohne Container in Tecklenburg, Bochum und Lengerich. Weitere Größenvarianten seien möglich. Ein spannendes Projekt sei ein Supermarkt, der 26 Verkaufsautomaten umfasse, inklusive Pizza- und Kaffee-Automaten. Parallel würden Verkaufsgespräche geführt. Plan sei es, bis 2025 rund 500 Automaten-Shops zu errichten.
Investition und Technik
Für das Aufstellen eines „Herr Anton“-Shops ist, so der Hersteller Hensing, Kapital – jeweils abhängig von der Anzahl der Automaten – notwendig. Das beginnt ab etwa 30.000 Euro für zwei Automaten. Es gebe – je nach Standort – auch die Möglichkeit, sich durch das EU-Programm „Leader“ fördern zu lassen, das ländliche Regionen unterstützt. Die Container, die für „Herr Anton“ verwendet werden, sind gebrauchte One-Way-See-Container, die der Automatenhersteller umgebaut hat. „Füllstände, Haltbarkeitsdaten und Umsätze im Shop lassen sich per Telemetrie online in Echtzeit überprüfen: Dafür nutzt Hensing Soft- und Hardware einer Partner-Firma. Die eigene Automatentechnik garantiere Sauberkeit, zuverlässige Frische sowie eine hohe Kapazität auf kleinem Raum.
Text: Martin Heiermann
Plan von Hensing ist es, bis zum Jahr 2025 rund 500 Automaten-Shops deutschlandweit zu errichten.
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